Mittwoch, 22. August 2018

Jesus Freaks Japan - Experten für Jüngerschaft

Heute steige ich in Sapporo in die U-Bahn und mache mich auf den Weg nach Zenibako. Dort leben JP und Nora Koch mit Leo und Eva. Die Familie wird unter anderem von den Jesus Freaks Gießen unterstützt. Ihr Herz schlägt für Freaks aller Art…

Wir sind fast da, man sieht schon das Meer.
Familie Koch war letztes Jahr im Heimataufenhalt unsere Nachbarn in Flensungen. Ich bin gespannt, sie in ihrem japanischen Umfeld zu treffen.

JP holt mich am Bahnhof ab. Sie wohnen in einem Häuschen, ziemlich nah am Meer. In der Umgebung werden gerade neue Bauplätze erschlossen, fast alle Grundstücke sind schon verkauft. Eine neue Nachbarschaft ist immer eine neue Chance.

Als wir ankommen, tobt Leo mit zwei japanischen Freunden auf einem Trampolin vor dem Haus. Wir gehen hinein, Nora hat gerade Besuch. Eine Nachbarin steht kurz vor der Entbindung, ihre Schwester ist zum Helfen gekommen. Beide Frauen sind immer wieder bei Nora. Auch zu anderen Müttern ist die Beziehung super.

Jesus und die Sekten

Nora hat immer wieder Möglichkeiten, ihren Nachbarinnen von Jesus zu erzählen. Es ist genau wie bei uns: manche finden es gut, andere sind zurückhaltend. Denn viele Japaner haben Angst vor Sekten.

Immer wieder höre ich in Gesprächen, welchen Schaden die Aum-Sekte der christlichen Mission zugefügt hat. 1995 starben 13 Menschen bei einem Giftgasanschlag in der U-Bahn in Tokio, 6000 wurden verletzt. Aus diesem Grund sind viele Japaner (zu recht!) skeptisch, wenn ihnen eine neue Religion angeboten wird...

Eva und ihr Papa im Büro im Keller
Eva schleppt mich durchs Haus, zeigt mir ihr Zimmer und ihre Spielsachen und verdonnert mich, ein paar Minuten mit ihr zu spielen :-)

Jüngerschaft - Zukunft für Japans Gemeinden

JP versucht, ein Jüngerschaftsprogramm voran zu bringen. Dies ist seiner Meinung nach ein wichtiger Weg für schnelleres Wachstum der japanischen Gemeinde. Das Ziel des Kurses ist, Christen zu ermutigen, ihren Glauben weiterzugeben, auch wenn sie zum Teil noch nicht lange an Jesus glauben.

Die Idee dahinter: Man muss nicht lange Jahre warten, bis man im Glauben „reif genug“ ist. Jeder kann anderen das Evangelium erklären, auch wenn er Jesus erst seit einem Tag kennt! (Mehr dazu in diesem Beitrag von JP Koch auf der Homepage von OMF Deutschland).

Während dem Jüngerschaftskurs erstellen die Teilnehmer unter anderem eine „Beziehungslandkarte“. Das ist eine Art MindMap, in der jeder die Leute aufschreibt, zu denen er eine engere oder weitere Beziehung hat: Familie, Nachbarn, Freunde, Kollegen… Dann betet man für die Leute und sucht Wege, ihnen von Jesus zu erzählen.

Eine Frau kontaktierte innerhalb von zwei Wochen nach dem Kurs alle (!) Leute auf ihrer Karte. Sie lud sie in ihre Gemeinde ein. Dort erzählte sie ihnen, was Jesus für sie bedeutet. Fast alle waren erstaunt, von ihrem Glauben zu erfahren. Sie hatten keine Ahnung, was das Christentum lehrt und wer Jesus ist.

Eine andere Frau sollte von ihrer Firma versetzt werden. Da sie gerade begonnen hatte, ihre Freunde in der Umgebung für Jesus zu gewinnen, kündigte sie kurzerhand ihre Stelle. Jetzt lebt sie von Sozialhilfe. Sie nutzt die gewonnen Zeit, um Obdachlosen im Park von Jesus zu erzählen. Einige sind durch sie sogar schon zum Glauben gekommen. Sie will jetzt die Stadt anfragen, ob sie nicht als Sozialarbeiterin angestellt werden kann?

Noch eins zum Abschied
Nach dem Abendessen trinken Nora und ich noch ein Bier miteinander (JP muss mich ja noch mit dem Auto zum Bahnhof bringen ;-) . Dann fahre ich wieder zurück. Schön wars! Danke, liebe Kochs, für den Einblick in euer Leben!

Impressionen aus Zenibako


Guten Appetit, Leo!
Taxis am Bahnhof warten auf Kundschaft

Zenibako Nightlife. Eher mager...

Das Transportsystem ist unschlagbar!

Dienstag, 21. August 2018

30 Jahre Pastor und immer noch Ziele vor Augen!

Heute geht es nach Obihiro. Ich möchte Gemeindearbeit auf dem Land kennenlernen und habe mir dazu dieses Städtchen und den Außenort Otofuke ausgewählt. Die deutsche Missionarin Beatrix Neblung hat dort lange gearbeitet.

Blick aus dem Busfenster
Von Sapporo aus dauert die Fahrt mit dem Bus vier Stunden. Die Gegend ist fast wie bei uns. Die Straße steigt an, in den Tälern liegen Wolken und Nebel. Unterwegs sehe ich nur selten Siedlungen oder Dörfer. Die Landschaft ist geprägt von Bergen, Wald, Wiesen und manchmal einem Fluß. Der Unterschied zu Deutschland ist, dass wir lange Abschnitte durch einsame Abschnitte fahren.

Simon Huser, ein Schweizer Missionar, holt mich am Busbahnhof in Obihiro ab. Wir fahren zusammen in die Gemeinde, wo Pastor Murata mit seiner Frau zu einem Gespräch bereit sind. Ich hatte mich nur auf eine Begegnung mit Missionaren eingestellt. Deshalb bin ich etwas überrascht, freue mich aber, dass er sich trotz seiner vielen Arbeit Zeit für mich nimmt.

Pastor Murata ist Christ in der dritten Generation. Das bestätigt meine Theorie, dass das Evangelium mehrere Generationen braucht, um die Gesellschaft (in diesem Fall eine Familie) ganz zu durchdringen.

Gemeindegründung in Partnerschaft zwischen japanischen Christen und OMF

Pastor Murata aus Obihiro und seine Frau
Die Gemeinde in Obihiro war die erste, die in Partnerschaft zwischen OMF Missionaren und einem japanischen Pastor (ihm!) gegründet wurde. Seit 30 Jahren ist er nun Pastor dieser Gemeinde von etwa 70 Gottesdienstbesuchern. Es gibt eine Jungschar, einen Studentenkreis, einen Mutter-und-Kind-Kreis und eine Gehörlosengruppe.

Neuerdings wurde ein monatliches Gemeinde-Café eingerichtet, zu dem die Nachbarn eingeladen werden. Das Ziel ist, die Hemmschwelle zu Nichtchristen zu senken. Pastor Murata ist es wichtig, dass auch die Nachbarn einen „Nutzen“ von der Gemeinde haben. Er möchte, dass die Gemeinde dem Ort gut tut.

Eine Vision für sterbende Dörfer

Kirchengebäude in Obihiro
Pastor Murata hat eine Vision für die gesamte Region. Es gibt Tochtergemeinden an zwei Orten: in Otofuke und in Nakasatsumai. Es gibt weitere 17 Orte in der Region, die zum Teil ohne eine christliche Gemeinde sind. Manche Dörfer sterben aus, weil die jungen Leute in die Städte ziehen. Pastor Murata fragt: wie können die Menschen in diesen Dörfern trotzdem erreicht werden? Seine Frau und er sind pausenlos unterwegs. Unter anderem besuchen sie regelmäßig ein Dorf, das über eine Stunde entfernt ist, um Jungschar für ein (1!) Kind anzubieten. Das ist es ihnen wert.

Es ist schön zu hören, dass deutsche Missionarinnen in den vielen Jahren Spuren hinterlassen haben. Beatrix Neblung und Conny Stöckle sind nur zwei davon.

Abends lese ich einige alte Gebetsbriefe von Bea. Sie schreibt sehr interessant und schildert in ihren Briefen viele Erlebnisse von Japanern auf ihrer geistlichen Reise zu Jesus. Es dauert lange, bis Japaner verstehen, wer Jesus ist. Ich lese unfassbare Sätze wie: „Es ist erstaunlich, wie sehr sich Frau XY in den letzten fünf (!) Jahren für die Gute Nachricht geöffnet hat…“ Ich hätte nicht die Geduld, um Menschen so lange zu begleiten und dann auch noch Fortschritte wahrzunehmen...
Gruppenbild mit Simon und Kaori Huser mit Timo (ganz links und rechts)

Video über die Gemeinde in Obihiro




Meine erste Predigt auf Japanisch ;-)
Wen es interessiert: die Gemeindeküche

Sonntag, 19. August 2018

Japanischer Gottesdienst in Hanamaki

Dieses Haus ist Wohnhaus und Gemeindehaus (zum Vergrößern auf die Bilder klicken)

Renate und Peter: Ihr seid die Besten!







Ich bin bei Peter und Renate Yonge in Hanamaki zu Besuch. Renate ist Deutsche, Peter ist Engländer. Sie sind seit gefühlten 30 Jahren Missionare in Asien und haben unendlich viel Erfahrung!

Ich darf bei ihnen einen japanischen Gemeindesonntag miterleben. Durch Obon, ein großes japanisches (Geister-) Fest und die damit verbundenen Ferien, kommen jedoch nur ungefähr 10 Personen.





Eine anschauliche Predigt

Daniel Lau lebt seit fünf Jahren in Japan
In der Predigt geht es darum, wie Gott in einer Vision die Mauern Jerusalems auslotet. So, wie er Wert darauf legt, dass die Mauern gerade sind, so soll auch unser Leben „gerade“ sein, ausgesondert für Gott.

Daniel Lau aus Singapur predigt sehr anschaulich. Er ist ursprünglich Ingenieur und hat extra für die Predigt ein Bleilot gekauft, mit dem er die Botschaft illustriert.

Diskussionen beim Mittagessen

Als es im Anschluss an den Gottesdienst gemeinsames Mittagessen gibt, setzen sich Frauen und Männer an getrennte Tische.

Die Frauen diskutieren darüber, ob man sich als Christ wirklich in so vielen Dingen von den anderen unterscheiden müsse?

Bei solchen Fragen ist guter Rat teuer...
Der Grund der Frage: gerade ist das Obon-Fest vorbei, eines der größten Feste des Landes. Man glaubt (d.h., viele Japaner glauben eigentlich selber nicht daran, aber sie begehen das Fest trotzdem), dass bei diesem Fest die Geister aus dem Totenreich zurückkehren, um sich von den Verwandten mit Nahrung versorgen zu lassen. Dazu müssen Japaner an ihre Heimatorte zurückkehren. Es werden dann große Familientreffen gefeiert.

Inwiefern muss man sich als Christ aus diesen Feiern und Zeremonien ausklinken? „Wir beten ja nicht zu den Geistern. Wir stehen nur da und folgen der Form, nicht dem Inhalt.“

Es ist für Missionare fast unmöglich, solche Fragen zu beantworten. Japanische Christen müssen sich eigentlich selber beraten und gegenseitig helfen, denn sie sind von diesem Problem hautnah betroffen.

Ich sehe, wie wichtig diese gemeinsame Mahlzeit nach dem Gottesdienst für ihren Alltag in einem buddhistischen bzw. schintoistischen Umfeld ist. Oft tauschen sich die Frauen persönlich aus und beten füreinander.

"Jesus gibt mir Halt im Leben!"

Gespräch unter Männern. So wünsche ich mir Gemeinde!
Die Männer führen ein ganz anderes Gespräch. Ein älterer Herr kommt seit etwa drei Jahren in die Gemeinde, aber sich noch nicht für ein Leben mit Jesus entschieden. Er hat beobachtet, dass Christen eine besondere Stabilität im Leben haben. Er wundert sich darüber und fragt in die Runde: „Ist das nicht das Ergebnis von jeder Religion?“

Die anderen Männer gehen respektvoll darauf ein. Sie erzählen von ihrem Alltag mit Jesus. Sie erklären, dass der Halt ihres Lebens kein Ergebnis von „Religion“ ist, sondern aus der persönlichen Beziehung zu Jesus kommt.

Es ist schön, zu beobachten, wie ernsthaft und gleichzeitig persönlich sie von ihrem Glauben erzählen. Es ermutigt mich solchen Christen zu begegnen und fordert mich heraus, in Deutschland ebenso praktisch von Jesus zu reden.

Moderne und Tradition: Gegensätze?

Ein tiefer Denker (rechts ;-) )
Als gegen 15 Uhr schließlich alle Besucher wieder gegangen sind, sitzen wir noch mit einem etwa 25jährigen jungen Mann zusammen und unterhalten uns über Japan, Geschichte, Gott und die Welt. Er hat ein breites Wissen über die Religion und Kultur des Landes und kann das gut vermitteln. Erstaunlich, wie er die japanische Volksseele analysiert.

Schlüsseldaten der japanischen Kirchengeschichte sind die Jahre 1865 und 1945. In beiden Fällen wuchs der ausländische (amerikanische!) Einfluss auf Japan. Der junge Mann sagt: "Japan hat von den Ausländern die Technologie und den Fortschritt angenommen. Das ursprüngliche Weltbild hat sich aber nicht verändert." So vereint ein Japaner altes und neues Denken, modernste Technik und Jahrtausende alte Tradition.

Freitag, 17. August 2018

ICE oder Shinkansen: Wer macht das Rennen?

Freitag, 17. August 2018

Bis zu 320 km/h: Japanischer Shinkansen
Der Vormittag vergeht mit Gesprächen mit mehreren Leitern von OMF Japan. Nach dem Mittagessen begleitet mich Sho Sugaya, der im Oktober übrigens Referent beim deutsch-japanischen Missionsfest in Mücke sein wird, mit der U-Bahn zum Bahnhof in Tokio. Er leitet mich durch das Gewirr aus unterirdischen Gängen und Menschen.

Schließlich komme ich an meinem Bahnsteig an. Ich werde mit dem Shinkansen, einem japanischen Hochgeschwindigkeitszug, nach Hanamaki fahren. Die Züge können bis zu 320 km/h fahren. Als „guter Deutscher“ bin ich natürlich gespannt, ob ein Shinkansen komfortabler und bequemer ist als ein ICE.
Die Züge fahren auf die Sekunde (nicht: Minute!) genau!

Ich habe eine Reservierung: Wagen 8, Platz 10. Am Bahnsteig finde sofort die exakte Stelle, an der Wagen 8 zum Stehen kommen wird. Nachdem der Zug eingefahren und die Fahrgäste ausgestiegen sind, dürfen wir aber noch noch nicht einsteigen.

Ein Reinigungstrupp geht durch die Waggons, fegt den Boden, staubt die Sitze ab und wechselt die Schutztücher der Kopfstützen. Anschließend werden alle Sitze umgedreht, denn die Fahrtrichtung ändert sich für unsere Strecke. Verrückt!
Klug: Rechts stellen sich die Pasagiere an, die mit dem nächsten Zug fahren. Links diejenigen, die mit dem übernächsten Zug fahren.

Erst als die Putzkräfte den Zug verlassen haben, dürfen wir einsteigen. Es ist wirklich luxuriös. So viel Beinfreiheit hatte ich noch nie in einem Zug. Die Sitze sind breit und bequem. Vor jeder Haltestelle ist eine Ansage: der nächste und auch der übernächste Stopp wird angesagt. Clever. 

Glücklich, weil die Beine nicht einschlafen wie im Flieger :-)
Wir fahren unter anderem durch Sendai und Fukushima. Das Leben in Fukushima scheint nach dem, was ich aus dem Zug beobachte, wieder normal zu sein. Was ich erst abends über Instagram erfahre: eine Bekannte aus Deutschland ist gerade zu dieser Zeit von der Uni aus in Fukushima. Schade, dass wir uns nicht gesehen haben.

In Hanamaki holen mich Peter und Renate Yonge ab. Jetzt bin ich in der Region Tohoku. Der nächste Teil meiner Reise beginnt.

Dieser Halt: Fukushima
Blick aus dem Fenster: Stadt
Blick aus dem Fenster: Land
Hier der Beweis: Mindestens 20 cm bis zum Vodersitz :-)

Frühstück mit Blick auf die Spielhölle

Freitag, 17. August 2018

Der Kaffee weckt Tote auf...
Eine kurze Nacht - der Jetlag hat mich im Griff. Ich quäle ich mich aus dem Bett und mache mich auf den Weg zu Mister Donut. Jessy hat mir dieses Restaurant empfohlen. Es gibt dort gute Donuts und so viel Kaffee, wie man möchte. Ich bestelle einen herzhaften und einen süßen Donut. Ein Hauptnahrungsmittel scheinen hier Eier zu sein, die sind in jedem Gericht, die ich bisher gegessen habe. Auch in diesem Donut.

Wo er ist, ist das Ende der Schlange!
Vor einem Geschäft auf der anderen Straßenseite bildet sich eine lange Schlange aus jüngeren und älteren Männern. Ein Wachmann in Uniform hat eine Art Verkehrsschild an einem langen Stab in der Hand. Damit zeigt er den vielen Leuten, die hinzuströmen, wo das Ende der Schlange ist. Endlich geht der Laden auf und die Männer stürzen hinein, nicht ganz so ordentlich, wie ich das in der U-Bahn beobachtet habe.

Als ich später mit Sho Sugaya, dem Leiter von OMF Japan an dem Laden vorbeilaufe, erklärt er mir, worum es sich handelt. „Das ist eine Spielhalle, die sind unheimlich attraktiv.“

Japaner lieben Automaten- und Glücksspiele. Offiziell ist Glücksspiel verboten. Das bedeutet, dass man an den Automaten kein Geld gewinnen kann sondern nur Spielchips. Die können am Ende des Aufenthalts allerdings in Geld umgetauscht werden. Der Profit dieser Unternehmen ist unglaublich!

Die Schlange wird langsam länger....
Endlich hat das Warten ein Ende!!
 

Donnerstag, 16. August 2018

Menschenmassen ohne Ende

"Shibuya musst du gesehen haben!", schwärmt Bel, als wir auseinander gehen. Diese Gegend sieht man oft in Filmen. Der Ort, nur wenige Stationen von Tokio entfernt (alles geht ineinander über, deshalb ist für mich sowieso alles nur "Tokio"...), hat einen der meist frequentierten Bahnhöfe Japans.

Vor dem Gebäude Kreuzungen, Zebrastreifen, breite Straßen und zehntausende von Menschen. Ich fühle mich wie in einem riesigen Ameisenhaufen.


Genau so hatte ich mir Japan immer vorgestellt. Ich fotografiere die Massen. Gehe auf eine Aussichtsplattform in einem Einkaufszentrum und schaue mir das Gewühl von oben an. Ich kann mich nicht sattsehen an den zig tausenden Jungen und Alten, Männern und Frauen, Schülern und Studenten, Geschäftsmännern und Pendlern.

Immer wieder schaue ich einzelnen Leuten ins Gesicht. Manchmal erfasst mich ein Blick erfasst für weniger als eine Sekunde. Dann tauchen die Augen wieder in die Masse ein. Weg sind sie. Dafür rollt eine weitere Welle von Menschen an.

Was zählt: Die Menge oder der Einzelne?

Wieso sind diese Massen so faszinierend? Müsste mein Blick nicht den Einzelnen suchen? Aber ist es überhaupt möglich, sich einer einzelnen Person innerhalb dieser Menschenmenge zuzuwenden?

Jesus hat dies geschafft. Er war oft von Massen umgeben und hatte trotzdem einen Blick für persönliche Schicksale. So ist er bis heute. Er sieht sogar noch mehr als nur das Gesicht: er sieht das Herz, die Gefühle, die Persönlichkeit. Mit jedem schreibt er eine persönliche Lebensgeschichte. Sein größter Wunsch ist eine Liebesbeziehung! Denn eines Tages, am Ende der Zeiten, werden sie sich gegenüber stehen: Jesus und jeder Einzelne, der mir aus dem Bahnhof entgegenkommt. Das ist einer der Gründe, warum wir Mission machen. Unsere Mitarbeiter suchen den Einzelnen mittein in der Masse und orientieren sich dabei an Jesus.

Wenn man allerdings beobachtet, wie die U-Bahnen im 2-Minuten-Takt einen Menschenschwall nach dem Anderen ausspuckt, kann man sich kaum vorstellen, wie Japan jemals mit dem Evangelium erreicht werden kann.

Auf der Aussichtsplattform eines Einkaufszentrums

Blick von oben.

Alles bunt, alles grell


Tag 2: Jesus durch Street Dance und Sport bekannt machen

Heute fahre ich nach Shinjuku (Tokyo) und treffe mich zum Mittagessen mit der Australierin Bel. Sie lebt seit vielen Jahren in Japan. Das erste Mal kam sie für ein Semester als Austauschstudentin. Dann machte sie einen Serve Asia (Kurzzeit-)Einsatz. Schließlich entschloss sie sich, als Langzeit-Mitarbeiterin bei OMF einzusteigen.

Bel arbeitet im „LINK“-Team mit. Das Team wurde von dem Schweiz-Japanischen Ehepaar Reiko und Max Oehninger gegründet. LINK ist dazu da, junge Leute auf kreative Art anzusprechen und sie dann mit Christen oder einer Gemeinde, auf jeden Fall aber mit Jesus zu verlinken.

Mitarbeiter von LINK haben die Möglichkeit, ihre spezifischen Gaben und Interessen für Jesus einzusetzen. Zur Zeit wird Street Dance und Hip-Hop-Dance angeboten. Es wird auf der Straße getanzt, anschließend werden Interessenten zu weiteren Trainingsstunden eingeladen. Darüber entsteht Kontakt, dann Freundschaft, schließlich folgen (hoffentlich) Gespräche über den christlichen Glauben.

Sunday Easter Dance Celebration New Hope Tokyo 2017 from OMF Japan LINK & Performing Arts on Vimeo.

Das Team wünscht sich, dass auch Sportgruppen entstehen. Das wäre auch ein guter Weg, gemeinsam zu trainieren und sich dadurch gegenseitig besser kennenzulernen.

Zeugnis geben im Share House 

Erkennst du die kommende Bedrohung?!
Bel erzählt, dass der Schwerpunkt ihrer Arbeit darauf liegt, Beziehungen in einem „Share House“ aufzubauen. Share Houses sind (in Japan) beliebte Wohnheime, in denen mehrere dutzend bis einige hundert Japaner wohnen. Nicht nur Studenten, sondern auch Angestellte oder Arbeiter. Die Bewohner haben ein kleines Zimmer für sich. Küche und Wohnbereich werden mit anderen geteilt.

Bel hat eine gute Beziehung zur Leiterin des Wohnheims. Außerdem pflegt sie Kontakte zu einigen der anderen etwa 200 Bewohnern, von denen die meisten Arbeiter sind. Sie kochen gemeinsam, unterhalten sich im Wohnzimmer, schauen zusammen Filme an. Immer wieder ergeben sich Möglichkeiten, von Jesus zu erzählen.

Allerdings kommt das anscheinend doch relativ selten vor. Würde Bel nicht alleine als LINK-Mitarbeiterin im Share House wohne, wäre es vielleicht einfacher, öfter über den Glauben zu reden.

24/7-Gebet in Tokio 

Wir entdecken ein Kreuz an einem großen Haus. Neugierig gehen wir hin. Eine Frau kommt gerade aus der Türe heraus und lädt uns ein, einzutreten. Wir finden einen Gemeindesaal vor. Eine Tür führt in einen kleinen Gebetsraum. Fünf oder sechs junge Leute sitzen auf dem Boden, hören Anbetungslieder, singen und beten.

Eine junge Japanerin verlässt den Raum und stellt uns die Gemeinde vor. Gemeindearbeit, 24-Stunden-Gebet, eine mini-kleine christliche Privatschule. Jesus im Zentrum japanischer Hektik, das finde ich super!

Gemeinderaum der kleinen Innenstadt-Gemeinde

Mittwoch, 15. August 2018

Tag 1: Verirrt in Yokohama

Ob ich mit dem Transportsystem in Japan zurechtkomme? Ich mache mich von OMF Gästehaus in Ichikawa auf, um den Schweizer OMF Missionar Matthias Bürki und meine deutsche Kollegin Jessy Vogt in Yokohama zu besuchen.

Ich gehe zum Bahnhof, an dem ich am Vormittag vom Flughafen aus ankam. Dort angekommen, finde ich keinen Zug nach Yokohama. Es gibt einen zweiten Bahnhof, von dem ich nichts wusste.

Ein freundlicher Bahnangestellter kann zwar kein Englisch, aber er führt mich zu einem Schild, auf dem die Strecke für Leute wie mich aufgezeichnet ist. Nun heißt es rennen und schwitzen.

Ich muss einmal umsteigen. Der Name der betreffenden Station hat einen langen, komplizierten Namen und begint mit „A“. Natürlich gibt es mehrere solcher Stationen, deshalb verlasse ich den Zug eine Station zu früh. Zum Glück fährt die Japan Rail häufiger als die Deutsche Bahn. Deshalb komme ich nur 10 Minuten später als geplant am Ziel an. Matthias und Jessy warten bereits.

Christliche Baseballer

Matthias hat eine Sightseeing Tour vorbereitet. Wir beginnen am Yokohama Stadion, dem Heim der Baseballer Yokohama DeNA BayStars. Im Team ist auch ein Spieler aus Texas, der Christ ist und den Leuten vom Connect Team von OMF ermöglicht, manchmal vor den Spielen am Sonntag eine Andacht zu halten.

Baseball:In Japan Sport Nummer 1!

China Town - Buntes Chaos

In Yokohamas China-Town kämpfen wir uns durch belebte Straßen mit bunten Flaggen und vielen Shops und Restaurants. Ich sauge die Geräusche und Gerüche auf - typisch Asien.

Glaube, Kultur oder Tradition?
An einem großen Tempel machen wir Halt und beobachten die Leute. Es sind aber eher asiatische Touristen, die hier ihre Räucherstäbchen anzünden. Mütter fotografieren ihre kleinen Kinder beim opfern: „Wie süß!“ Chinesische Tempel sind anscheinend viel größer, bunter und prächtiger als japanische. Ob das stimmt, werde ich erst später sagen können.

Erste Spuren des Christentums in Japan

Auf dem Weg zum Yokohama Bay besuchen wir die erste protestantische japanische Kirche Japans. Nach Jahrhunderten der Abschottung erzwang die US-amerikanische Regierung 1858 eine Öffnung des Landes und Zugang zu den Häfen. Als 1859 die ersten ausländischen Schiffe landeten, waren darauf auch christliche Missionare.

1864 wurde in Yokohama der erste japanische protestantische Christ getauft. 1872 entstand die erste protestantische Gemeinde. Wir stellen uns vor das Tor der Gemeinde und beten gemeinsam für Japan. Als wir fertig sind, will uns eine ältere, etwa 70jährige Frau ein Infoblatt über die Gemeinde in die Hand drücken. Es stellt sich heraus, dass sie die Frau des Pastors ist, die gerade von einem Einkauf zurück kam.

Matthias und ich vor der ersten protestantischen Kirche, gegründet 1872


Das Evangelium auf Facebook und Instagram

Matthias erzählt von einer Facebook- und Instagram-Seite, die er gestartet hat (Seisho no Kotoba). Dort wird zweimal am Tag ein Bibelvers veröffentlicht.

Seisho no Kotoba wuchs auf Facebook innerhalb eines Jahres zur Nummer eins unter den christlichen Facebookseiten in Japan. Monatlich erreicht die Seite mehr als 60’000 Menschen. Das Ziel: die jüngere Generation durch soziale Medien auf Jesus aufmerksam machen.

Freundschaften bauen

Matthias ist wieder gegangen. Jessy und ich setzen uns auf die Terrasse eines Restaurants und genießen Ramen. Ramen ist eine typisch japanische Nudelsuppe mit Ei, Fleisch, Soyasprossen und anderem Gemüse. 

Jessy hat gerade ihr zweijähriges Sprachstudium abgeschlossen. Vor vor zwei Wochen ist sie von Sapporo nach Yokohama umgezogen. Jetzt knüpft sie neue Kontakte. Um junge Japaner kennenzulernen, hat sie sich in einem Fitnessclub angemeldet. Spannend, so ein Neuanfang!
Jessy: Seit zwei Jahren in Japan zuhause
Nein, ich bin nicht blau :-)


Einkaufszentrum am Yokohama Bay
Die Skyline von Yokomama vom Boot aus gesehen.
Glück gehabt: Auf dem Rückweg ging alles glatt...

Reise ins Land der aufgehenden Sonne

Seit 18 Jahren arbeite ich für OMF International. Seitdem habe ich fast alle Einsatzländer besucht. Bis auf eins… Noch nie war ich in Japan. Im August 2018 ist es endlich soweit! Ich besuche die drei Gebiete, in denen OMF arbeitet. Das Ziel ist es, Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt in den verschiedenen Teams zu treffen und ihre Arbeit vor Ort kennenzulernen. 

OMF in Japan - Überblick

Die ersten OMF-Missionare kamen 1951 nach Japan. Sie gründeten seitdem mehr als 50 Gemeinden in Großstädten und ländlichen Gebieten. Die meisten dieser Gemeinden werden heute von japanischen Pastoren geleitet. Einige Gemeinden haben Tochtergemeinden gegründet.

OMF arbeitet in drei Regionen: in der Kanto-Region (dem Ballungsraum Tokio-Yokohama-Kawasaki und einigen ländlichen Präfekturen), den nördlichen Präfekturen von Honshu (bekannt als Tohoku) und auf der nördlichen Insel Hokkaido.

Gebiete in Japan, in denen OMF arbeitet: Tohoku, Kanto, Hokkaido

In Kanto leben etwa 42 Millionen Menschen. Die weitläufige Region vereint viele Gegensätze: Moderne und Tradition, Beton-Dschungel und Natur, geschäftige Menschenmassen und friedliche Orte, Züge und Fahrräder.

In Tohoku leben etwa neun Millionen Menschen, fast ein Drittel davon in Großstädten mit mehr als 250.000 Einwohnern. Der Rest verteilt sich auf kleinere Städte und ländliche Gebiete. Die Ostküste war besonders von der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe im Jahr 2011 betroffen. Hier gibt es nur ganz wenige Gemeinden.

Hokkaido erlebt harte Winter und milde Sommer. Von den insgesamt fünfeinhalb Millionen Einwohnern leben etwa zwei Millionen in Sapporo, wo es etwa 170 Kirchen gibt. OMF arbeitet in Sapporo, verschiedenen anderen Städten und ländlichen Regionen. Schwerpunkte der Arbeit sind, Pionierevangelisation und Gemeindegründung, die in Partnerschaft mit der Japanischen Vereinigung Evangelikaler Gemeinden (JECA) geschieht.

Ankunft: Japanische Eile schon um 8 Uhr morgens...

Um 8 Uhr morgens am Dienstag, 15. August 2018 setze ich das erste Mal den Fuß auf japanischen Boden. Viel Flughafenpersonal, darunter eine Reihe von älteren Leuten, sind im Einsatz.

Als ich gemächlich in Richtung Einreiseschalter gehe, treibt mich ein älterer Herr mit weiten Gesten an, ich solle schneller laufen. Ich ignoriere ihn, er lässt sich seinen Ärger nicht anmerken. Die erste Station: Mein Pass wird geprüft, ein Bild von mir gemacht und Fingerabdrücke genommen. Dann bin ich im Land.

Dank einer gute Wegbeschreibung setze ich mich ich den richtigen Zug, steige am richtigen Bahnhof um und gehe in den Gassen zum OMF Mission-Home nicht verloren. Um 10 Uhr bin ich am Ziel und werde von Ehepaar Baumgartner, den Guest Home Managern, begrüßt.

Es ist „nur“ 32 Grad heiß, aber sehr schwül. Alles klebt. Willkommen zurück in Asien! Ich lege mich erst einmal schlafen…

Ankunft am Narita Flughafen in Tokio
Ob sie mich ins Land lassen?!
Selbst Regionalzüge sind pünktlich auf die Sekunde. Bitte nachmachen, Deutsche Bahn!
Endlich angekommen! Hier ist die Zentrale von OMF für Japan.

Ein Gästehaus, die OMF-Büros und eine Gemeinde haben hier ihr Zuhause.