Dienstag, 14. Juni 2016

Gut, dass Luther auf der Autobahn nicht unter die Räder kam…

Zum 500. Jahrestags des Thesenanschlags von Martin Luther im Jahr 2017 entführt Albrecht Gralle den Reformator in unsere Zeit, mit allen Tücken der Technik, von denen er im 16. Jahrhundert noch nichts ahnen konnte.

Aber: Was wäre, wenn Luther erfahren würde, was aus seinen Lehren geworden ist? Wie seine Lehren sich die Jahrhunderte hinweg entwickelt und verändert haben? Wie manche seiner Aussagen aber mißbraucht wurden, um Gräueltaten zu rechtfertigen, allem voran Hitlers Massenmord an den Juden im Dritten Reich.

Auf unterhaltsame Weise begegnet der Leser Luther in vielen Facetten. Als Theologe, der es wagt, revolutionäre neue Gedanken zu denken. Als einsamer Kämpfer gegen die Übermacht der katholischen Kirche. Aber auch als Seelsorger, zum Beispiel in seinem Umgang mit Sorge, Überarbeitung und Angst.

Der Clou des Buches ist für mich das wunderbar altmodische „Lutherdeutsch“. Damit führt die Hauptperson nicht nur theologische Gespräche, sondern löst zum Beispiel im Zug ein Bahnticket nach oder bestellt ein Bier. Wenn ich den Autor richtig verstehe, entstammen einige fiktive Zitate des Buches Luthers Tischreden und anderrn seiner Werke. Das macht die Lektüre ein stückweit „historisch“ und bleibt trotzdem verständlich.

Das Buch hat mir geholfen, Luther und seine Zeit besser zu verstehen. Es wirbt dafür, das Schlechte ohne Vorwürfe zu verwerfen, weil auch er nur ein Mensch war. Es lädt aber auch dazu ein, das Gute seiner Erkenntnisse zu behalten und in den Alltag zu übertragen.

Der Luther, der vom Kirschbaum fiel und in der Gegenwart landete hat mich ermutigt, meinen christlichen Glauben, genau wie er, schnörkellos zu leben. Gott ganz und gar zu vertrauen, denn letztlich ist er derjenige, der die Welt regiert. Und er ist gnädig. Einfach so. Nein, einfach wegen Jesus. Das zu verstehen und zu leben ist eine echte Reformation. Jetzt und hier.

Albrecht Gralle
Als Luther vom Kirschbaum fiel und in der Gegenwart landete
Brendow Verlag, 2. Auflage 2015
232 Seiten, gebundene, 14,95 Euro